Nelson Mandela Soweto

Südafrika: Kompostbier und Nelson Mandelas Haus in Soweto

In Afrika by shavethewhales2 Comments

Shebeen SowetoBeer in Shebeen SowetoBeer in Shebeen Soweto

Das Bier, das mir im kürbisgroßen Krug gereicht wird, schmeckt, als hätte man Sägespäne, Sand und Kompost zu einer fiesen Flüssigkeit verarbeitet. „Aha“ rufe ich laut, das heißt hier: „Schmeckt super“. Ich trage einen eckigen Hut und eine Perlenkette breit wie ein Lätzchen, ein traditionelles Outfit. Ich sitze im Shebeen (Kneipe im Township), einer fensterlosen Hütte. Vor noch nicht allzu langer Zeit mussten sich die Menschen hier verstecken, wenn sie Bier trinken wollten, denn Alkohol war für Schwarze streng verboten. Die traditionelle Kleidung tarnte den Kneipenabend als abendliche Zeremonie. Neben Biertrinken hatte das Apartheid Regime noch viele andere Dinge verboten. Männer und Frauen mussten getrennt wohnen, das Bevölkerungswachstum sollte kontrolliert werden. Schwarze durften keinen Handel betreiben und nur in Townships wohnen, Siedlungen am Rande der Stadt ohne Strom und fließend Wasser. Um nur ein paar Details der riesigen Ungleichheit zu nennen…

Auch heute leben hier nur schwarze Menschen, aber inzwischen sind sie dabei, sich kleine Unternehmen aufzubauen, ihr Geld mit Serviceleistungen wie Autowaschen, Haare schneiden, Reparaturwerkstätten und Restaurants zu verdienen. Inzwischen gibt es das verbotene Bier auch preisgünstig im Tetra Pak zu kaufen, viele Männer sitzen damit vor ihren Hütten.

Auch wenn ich noch viel Elend sehe, in vielen Teilen Sowetos ist zu spüren, dass sich etwas ändert. In Orlando West gibt einen eigenen Fernsehsender, Soweto TV, ein Museum (das Haus, in dem Nelson Mandela gewohnt hat) und viele Restaurants und Cafés, die so auch in Deutschland stehen könnten. Und die Vilakazi Street, die einzige Straße der Welt, in der gleich zwei Nobelpreisträger gewohnt haben: Nelson Mandela und Desmond Tutu. Auf meiner Fahrradtour fahre ich direkt all diesen Dingen vorbei. Halte an, quatsche kurz, mache Fotos, fahre weiter. Esse einen fat cake, der hier so beliebt ist. Nehme an einem high five Marathon teil, Kinderhorden laufen ein Stück neben meinem Fahrrad her und halten mir ihre Hand zum Einschlagen hin.

Nelson Mandelas Haus in Soweto ist inzwischen ein Museum, der Türsteher winkt mich zu sich, hebt mich auf eine Mauer und zeigt auf zwei bunt bemalte Kraftwerkstürme, Sowetos Wahrzeichen, das ich von hier besonders gut sehen kann. Mandelas Bild begegnet mir überall, in Form von kleinen Stencils, in den Berichten der Menschen, seiner ehemaligen Nachbarn. Die Menschen lieben ihn.

Am Nachbartisch im Café sitzt Rafael, ein südafrikanischer Musiker, der mal mit Peter Maffay gearbeitet hat. Deutschland hat er als „inoffizielles Gefängnis“ empfunden. Alles sei vorgeschrieben, wie man sein Haus baut, wie laut man Musik hört und wann man als LKW Fahrer Pausen macht. Ich muss grinsen und ihm innerlich recht geben, von mir aus könnte sich Deutschland gern ein Stück südafrikanische Entspanntheit angewöhnen.

Wir besuchen eine Frau, die ein T-Shirt Bastelprojekt eröffnet hat (Friendship Skirt Soweto). Sie trägt ein pinkes Top, einen bunten Rock aus Tüll und im Gesicht ein strahlendes Lachen. Wir bekommen leere T-Shirts, die wir verzieren dürfen. Nicht für uns selbst, sondern für unseren Sitznachbarn. Mit Filz, Knöpfen, Fäden, Glitzerpailletten, Stofffetzen. Wir sollen miteinander reden, rausfinden, was der andere mag, welches T-Shirt zu ihm passt. Sie selbst kann nicht lesen und schreiben, aber gut reden und so schön lachen. Sie ist dabei, eine Sprache aus Farben und Stoffen zu entwickeln, arbeitet an ihrem eigenen Alphabet. Ihre Muttersprache ist Xhosa, wie die Mandelas. Über die Begegnung mit uns will sie einen Rock nähen. Wenn ich länger darüber nachdenke, kann auch Kleidung viel kommunizieren. Muster, Farben und die Struktur von Stoffen kann genauso Freude, Fantasie und Befindlichkeiten ausdrücken. Und wer weiß, vielleicht schafft sie es ja, eine neue Sprache zu schaffen und die einzubeziehen, die so oft nicht mitreden können. Die Welt wieder ein bisschen gerechter zu machen wie ihr berühmter Nachbar. Die Straße, in der einst Nelson Mandela und Desmond Tutu wohnten, ist voller besonderer Menschen.

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Danke an South African Tourism und Markenjury! Der Film zu dieser Reise ist hier

Comments

  1. Schöner Artikel! Ich mag es sehr, wenn man sich beim Lesen alles bildlich vorstellen kann. Ich selbst versuche mich momentan zwischen Ost- und Südafrika zu entscheiden. Mal sehen! Safe travels, Marco

    1. Author

      Danke Marco! Schwierige Entscheidung, mach beides! :) Safe travels, Caroline

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